Tausche I-Phone gegen Ticket

Kaum hat Billie Eilish (23) bei den American Music Awards in ganzen 7 Kategorien gewonnen und wurde als Artist of The Year ausgezeichnet ist sie auch schon zurück auf Tour in Deutschland. Ende Mai hat sie noch zwei Konzerte in Köln. Anschließend geht es weiter nach Prag, Polen, Wien und Italien. Die Konzerte sind allerorts restlos ausverkauft. Und schon auf den ersten beiden Konzerten in Deutschland Anfang Mai in Hannover und Berlin liefen vor den Konzerthallen Hunderte von Fans mit Pappschildern herum „Suche Tickets“. Ein besonders verzweifelter Fan saß unweit der Uber-Arena in Berlin mit einem Schild: „Tausche I-Phone gegen Ticket“. Auf dem Zweitmarkt liegen die Preise aktuell bei rund 1000 EUR für ein einzelnes Konzertticket. Das sind Preise, die um ein Vielfaches das Übersteigen was ich als Teeny für meine Lieblingsbands bezahlen musste. Doch für die Fans von Billie Eilish ist der Besuch eines ihrer Konzerte nicht nur ein musikalisches Event. Auf TikTok berichten Fans, die kaum 20 Jahre alt sind, dass sie seit 8 Jahren auf diesen Tag gewartet haben. Der Konzertbesuch wird zum Jahrhundertereignis.

„Billie hat mich gerettet!“

Bei der Faszination der Fans geht es nicht nur um die eingängigen Popsongs, die Billie Eilish und ihr Bruder selbst schreiben. Die Fans erleben ihr Wirken als lebensverändernd. „You saved me“ – ein Satz, den man von Fans der US-amerikanischen Singer-Songwriterin immer wieder hört! Ich stamme aus der Generation, die als Jugendliche auf Konzerte von Backstreet Boys, Britney Spears und Destiny`s Child ging und zumindest für mich ist diese Stilisierung von Billie Eilish zur Heilsbringerin befremdlich. Niemand hätte vor 25 Jahren behauptet, dass Nick Carter oder Beyoncé uns gerettet hätten. Doch meine 14jährige Tochter ist begeisterter Billie-Eilish-Fan und deshalb spüre ich dem Phänomen Eilish nach, beginne Stück für Stück zu verstehen, was manch anderem verborgen bleibt und kann mich schließlich dem Sog kaum entziehen.

Ausnahmetalent kreiert neuen Musik-Stil

Während Millionen von Fans sie vergöttern – immerhin hat sie auf Instagram 1/8 Milliarde, also 125 Millionen Fans – gehen die Medien nicht gerade zimperlich mit der neunfachen Grammy-Gewinnerin um. Die Presse könnte darüber berichten, dass ihr Musikstil die Szene novelliert. Die Interferenzen zwischen ihren Songs, sei es, dass einzelne Akkorde, ganze Melodien, die Titel der Songs oder Textzeilen, in anderen Songs wieder aufgegriffen werden, machen ihre Musik zu einem Gesamtkunstwerk. Gekonnt bricht das Ausnahmetalent auch mit bisherigen Traditionen zum Aufbau eines Songs, wonach die Abfolge von Refrain, Vers und Bridge unumstößlich schien. Viele ihrer Stücke beginnen anders als sie enden und bieten so eine einfallsreiche Abwechslung zu 08/15-Popsongs. Doch darüber berichtet die Presse nicht.

Misogyne Forderung: Eilish soll weniger Raum einnehmen

Stattdessen scheint es insbesondere männlichen Journalisten immer wieder ein Dorn im Auge zu sein, dass Billie Eilish erfolgreich ist. Sie fordern von ihr das, was man keinem männlichen Künstler oder Musiker abverlangen würde: sie solle bescheidener auftreten und weniger Geld verdienen. Nach ihrem Konzert in Berlin, schreibt der RBB kritisch darüber, dass ihre Band ein wenig tiefergesetzt platziert ist innerhalb ihrer Bühne. Diese Idee sei seltsam, da Eilish so ja auf der Hauptebene der Bühne alleine wäre. Dadurch entstünde ein Abstand zwischen ihr und der Band. Kaum vorstellbar, dass man einen männlichen Weltstar von Eilishs Kaliber dafür kritisieren würde, dass er sich die Hauptbühne nicht mit der Band teilt. Die zweifache Oskar-Gewinnerin ist bekannt dafür, dass sie den Fans eine größtmögliche Nähe zu sich verschaffen will. Deshalb auch die riesige Bühne in der Mitte, die zwar weniger Ticketverkäufe ermöglicht, sie dafür aber den Fans näher bringt. Sie berichtet in Interviews, dass sie sich gut in ihre Fans hineinversetzen könne, da sie früher selbst als Fan bei Justin Bieber im Publikum gestanden habe. Würde man die 17.000 Fans in Berlin fragen, würden sie sicherlich allesamt dankbar dafür sein, dass ihnen der Blick auf Eilish zu keiner Zeit durch ein Schlagzeug oder einen Gitarristen versperrt war. Und wer sie kennt, weiß, dass kein Konzert vergeht, in dem sie nicht jeden einzelnen Musiker würdigt.

Tom Odell ist ihr zutiefst dankbar!

So wird sie auch von ihrem Support-Act Tom Odell beim Konzert in Berlin gelobt: „Ich verdanke Billie so viel!“, raunt er bewegt ins Mikrofon. Denn nicht nur Billie Eilish selbst sondern auch ihre Fans sind großzügig: „Ich weiß, Ihr seid heute hier, um Billie Eilish zu sehen. Und trotzdem habt Ihr mich so wundervoll aufgenommen!“, wendet er sich in etwa an die Fans. Neben einer solchen Koryphäe der Musikbranche und einem so verehrten Superstar wie Billie Eilish zu musizieren, mag schwierig sein. Aber der Eindruck, sie würde die Musiker an ihrer Seite vergessen, kommt keine Sekunde auf. Die Botschaft vom RBB hat einen negativen Nachgeschmack: sogar einer internationalen Musikerin, die zeitweise weltweit die Spotify-Streaming-Charts anführt, können Männer sagen: Sei mal bescheiden, nimm nicht so viel Raum ein, stell Dich nicht in den Mittelpunkt. Selbst bei ihrem eigenen Konzert. Man muss Eilishs Musik nicht mögen, um hier absurde Frauenfeindlichkeit zu erkennen.

Männliche Stars werden bewundert, weibliche Stars werden verurteilt

In ein ähnliches Horn stößt die Neue Zürcher Zeitung wenn sie kurz nach Billie Eilishs Berliner Konzert titeln „Die Kreditkarte als Eintrittsbillett“ und das Wichtigste, das sie über das Event zu berichten haben ist, dass Eilish von der Kreditkartenfirma Amercian Express gesponsert wird. Die Autorin des konservativen Blatts ist zwar eine Frau, aber das schützt ja bekanntlich nicht vor internalisierter Misogynie. Kein Mann musste sich je für seine Sponsoren rechtfertigen. Roger Federer wurde von Rolex gesponsert und trug dann auch entsprechend millionenschwere Uhren. Doch nach seinen Turniersiegen ging es in den Medien nicht um Sponsorenkritik. Im Gegenteil: Seine Erfolge wurden gefeiert und für seine Sponsorenverträge wurde er von den Medien immer wieder bewundert. Dass ausgerechnet Billie Eilish vorgeworfen wird, dass sie nicht nur eine begnadete Musikerin ist, sondern tatsächlich auch noch Geld verdient. Es ist und bleibt absurd.

Eilish kritisiert: „It`s a war on women“

Zumal sie dafür bekannt ist, dass sie sich mehr als die allermeisten Stars für gesellschaftlich relevante Themen einsetzt, zum Beispiel engagiert sie sich konsequent für das Klima und gegen Sexismus. Die Wahl von Donald Trump im November 2024 kommentiert sie mit „It`s a war on women“. Am Rande ihrer Konzerte veranstaltete sie die Tagung „Overheated“ für Klimaaktivistinnen, sorgte für freien Zugang zu nachfüllbarem Trinken und bot ausschließlich veganes Essen auf ihren Konzerten an. Wie viele männliche Musiker zeigen so viel Engagement für den Tierschutz? In Hannover traute sich Eilish am 2. Mai vor 14.000 Menschen die US-Politik unter Trump scharf zu kritisieren. In ihren Songtexten geht es um Bodyshaming, Sexismus und Missbrauch. Über einen Stalker, der sie belästigte und bei ihr einbrach, hat Eilish mit „NDA“ und „The Diner“ gleich zwei Songs produziert und zeigt so auch anderen Stalking-Opfern wie wichtig ihre Stimme ist.

Eine Stimme für Mädchen und Frauen

Von ihren Fans wird Eilish deshalb auch nicht nur als Musikerin wahrgenommen. Sie ist für Millionen von jungen Frauen ein Vorbild – insbesondere für diejenigen, die wie Eilish selbst, in Teenagerjahren mit psychischen Problemen zu kämpfen haben. Sie enttabuisiert Depressionen und zeigt wie es weitergehen kann, wenn man ganz unten angekommen ist. Denn letztlich hat sich Eilish 2017 nicht von einem Hotel in Berlin in den Tod gestürzt. Sie hat weitergemacht. Sie hat ihre Verzweiflung produktiv in ihre Musik einfließen lassen. Sie hat dem Bodyshaming eine klare Ansage erteilt mit „(Your opinion of me) Not my responsibility“ und dem Machtmissbrauch hat sie „(Try not to abuse) Your power“ entgegengesetzt. Sie redet offen über lesbische Liebe in „Lunch“ oder „Wish you were gay“ und weist Täter-Opfer-Umkehr mit der Zeile „Wasn`t my decision to be abused“ zurück.

Dass diese Kritik am Patriarchat einigen übel aufstößt, ist also eigentlich ein gutes Zeichen. Denn letztlich macht Eilish ihren Kritikern vor allem eines: Angst. Dass eine Frau in der Musikszene derart erfolgreich sein kann, ohne sich halbnackt dem Patriarchat anzubiedern, ihren Körper in überweiten Sportklamotten als Projektionsfläche für Frauenhass entzieht und gleichzeitig politisch umso klarer Stellung bezieht, ist nicht nur neu: es ist der Stoff aus dem Heldinnen gemacht werden und großartige Vorbilder für unsere Töchter. Darum hoffe ich, dass wir von Eilishs Stimme noch sehr viel hören werden!

 

Billie Eilish in Germany – Role Model and Target of Misogyny

Exchange I-Phone for Ticket

Just after Billie Eilish (23) won in a total of 7 categories at the American Music Awards and was awarded Artist of The Year, she is already back on tour in Germany. At the end of May, she has two concerts in Cologne. Afterwards, she will continue to Prague, Poland, Vienna, and Italy. The concerts are completely sold out everywhere. And at the first two concerts in Germany in early May in Hanover and Berlin, hundreds of fans were walking around with cardboard signs saying „Looking for Tickets“ in front of the concert halls. One particularly desperate fan was sitting near the Uber Arena in Berlin with a sign: „Exchange I-Phone for Ticket.“ On the secondary market, prices are currently around 1000 EUR for a single concert ticket. These prices are many times higher than what I had to pay as a teenager for my favorite bands. But for Billie Eilish’s fans, attending one of her concerts is not just a musical event. On TikTok, fans who are barely 20 years old report that they have been waiting for this day for 8 years. The concert visit becomes a once-in-a-lifetime event.

„Billie saved me!“

The fascination of the fans is not just about the catchy pop songs that Billie Eilish and her brother write themselves. Fans experience her impact as life-changing. „You saved me“ – a phrase that one hears repeatedly from fans of the American singer-songwriter! I come from the generation that went to concerts of the Backstreet Boys, Britney Spears, and Destiny’s Child as teenagers, and at least for me, this stylization of Billie Eilish as a savior is strange. No one would have claimed 25 years ago that Nick Carter or Beyoncé had saved us. Yet my 14-year-old daughter is an enthusiastic Billie Eilish fan, and so I delve into the Eilish phenomenon, starting to understand piece by piece what remains hidden from many others and ultimately find myself hardly able to resist the pull.

Exceptional talent creates a new music style

While millions of fans adore her – after all, she has 1/8 billion, or 125 million fans on Instagram – the media is not particularly gentle with the nine-time Grammy winner. The press could report that her music style is revolutionizing the scene. The interferences between her songs, whether it’s individual chords, entire melodies, the titles of the songs, or lines from the lyrics, reappearing in other songs, make her music a total work of art. The exceptional talent also skillfully breaks with previous traditions for constructing a song, where the sequence of chorus, verse, and bridge seemed indisputable. Many of her pieces begin differently than they end, providing a creative alternative to run-of-the-mill pop songs. But the press does not report on that.

Misogynistic demand: Eilish should take up less space

Instead, it seems particularly male journalists are consistently bothered by Billie Eilish’s success. They demand from her what would not be asked of any male artist or musician: that she should present herself more modestly and earn less money. After her concert in Berlin, RBB writes critically about her band being positioned a bit lower on the stage. This idea is strange, as Eilish would be alone on the main level of the stage. This would create a distance between her and the band. It’s hard to imagine that a male global star of Eilish’s caliber would be criticized for not sharing the main stage with his band. The two-time Oscar winner is known for wanting to provide her fans with maximum closeness. Hence the huge stage in the middle, which, while allowing for fewer ticket sales, brings her closer to the fans. She reports in interviews that she can empathize well with her fans because she herself stood in the audience as a fan of Justin Bieber in the past. If you were to ask the 17,000 fans in Berlin, they would surely all be grateful that their view of Eilish was never obstructed by a drummer or a guitarist. And those who know her understand that no concert goes by without her acknowledging each and every musician.

Tom Odell is profoundly grateful to her!

She is also praised by her support act Tom Odell during the concert in Berlin: „I owe so much to Billie!“ he whispers emotionally into the microphone. Because not only Billie Eilish herself, but also her fans are generous: „I know you are here today to see Billie. And yet you have welcomed me so wonderfully!“ he addresses the fans. Playing alongside such a luminary of the music industry and such a revered superstar as Billie Eilish can be challenging. But the impression that she would forget the musicians by her side does not occur for even a second. The message from RBB leaves a negative aftertaste: even for an international musician, who temporarily leads the Spotify streaming charts worldwide, men can say: be humble, don’t take up so much space, don’t put yourself in the spotlight. Even at her own concert. One doesn’t have to like Eilish’s music to recognize the absurd misogyny here.

Male stars are admired, female stars are judged

The Neue Zürcher Zeitung strikes a similar chord when shortly after Billie Eilish’s concert in Berlin they headline „The Credit Card as a Ticket“ and the most important thing they report about the event is that Eilish is sponsored by the credit card company American Express. The author of the conservative publication is a woman, but that, as is well known, does not protect against internalized misogyny. No man has ever had to justify his sponsors. Roger Federer was sponsored by Rolex and consequently wore million-dollar watches. However, after his tournament victories, the media did not focus on criticism of sponsors. On the contrary: his successes were celebrated, and the media repeatedly admired him for his sponsorship deals. The fact that Billie Eilish is accused of not only being a gifted musician but also actually making money is absurd.

Eilish criticizes: „It’s a war on women.“

Especially since she is known for advocating for socially relevant issues more than most stars, for example, she is consistently engaged for the climate and against sexism. She comments on Donald Trump’s election in November 2024 with „It’s a war on women.“ On the sidelines of her concerts, she hosted the conference „Overheated“ for climate activists, provided free access to refillable drinks, and offered only vegan food at her concerts. How many male musicians show that much commitment to animal welfare? In Hannover, Eilish dared to sharply criticize US politics under Trump on May 2nd in front of 14,000 people. Her lyrics address body shaming, sexism, and abuse. Eilish produced two songs, „NDA“ and „The Diner,“ about a stalker who harassed her and broke into her home, thus showing other stalking victims how important their voice is.

A voice for girls and women

Because of this, Eilish is not only perceived as a musician by her fans. She is a role model for millions of young women – especially for those, like Eilish herself, who struggle with mental health issues during their teenage years. She de-stigmatizes depression and shows what can happen when you hit rock bottom. Because ultimately, Eilish did not jump to her death from a hotel in Berlin in 2017. She persevered. She has productively channeled her despair into her music. She has sent a clear message against body shaming with „(Your opinion of me) Not my responsibility“ and opposed the abuse of power with „(Try not to abuse) Your power.“ She openly talks about lesbian love in „Lunch“ or „Wish you were gay“ and rejects victim-blaming with the line „Wasn’t my decision to be abused.“ The fact that this criticism of patriarchy upsets some people is actually a good sign. Because ultimately, Eilish primarily instills one thing in her critics: fear. That a woman can be so successful in the music scene without degrading herself to the patriarchate by dressing half-naked, removing her body as a projection surface for misogyny in oversized sportswear, and at the same time taking a clear political stance, is not only new: it is the stuff that heroines are made of and creates great role models for our daughters. That is why I hope we will be hearing a lot more from Eilish’s voice!

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